TALKING POINT auf IBI
Die anhaltende UKCA/CE-SagaWas ist bloß mit Großbritannien los? Zunächst löst sich das Königreich am 1. Februar 2020 aus der Europäischen Union, genannt Brexit. Dadurch war im Prinzip das CE-Zeichen, welches mit etlichen Direktiven einhergeht, nicht mehr länger legal in UK und ein neues Kennzeichen, das UKCA-Zeichen, wurde alternativ ins Leben gerufen. Da dessen Umsetzung nicht so schnell ging, wurde das CE-Zeichen in einer Übergangsfrist lieber noch bis Ende 2021 in England, Schottland und Wales geduldet. Nordirland hat einen Sonderstatus, in dem das CE-Zeichen ohnehin gilt. In diesem Übergangszeitraum sollten alle Hersteller sich an das neue Zeichen zu gewöhnen können und die EU-Benannten Stellen die Zeit haben, sich um eine britische Akkreditierung zu bemühen, um ihre Arbeit folglich nicht mehr als „Benannte Stelle“ der EU, sondern als „Anerkannte Stelle“ der UK fortsetzen zu können.
Eigentlich ganz einfach, da sowohl die Akkreditierungsstandards (ISO/IEC 17020 und ISO/IEC 17065) wahrhaft internationaler Natur sind als auch die Sportbootdirektive als britische Sportbootverordnung 1:1 übernommen wurde. Die Anerkennung der Zertifizierer sollte also ein besserer Verwaltungsakt sein. War er aber nicht! Die Prozedur zur Anerkennung mußte in England komplett durchlaufen werden, welches mit wirklich außerordentlich hohen Kosten und monatelangem Zeitaufwand einherging.
So weit so gut. Kurz vor Ablauf der Frist, wurde die Akzeptanz des CE-Zeichens jedoch noch schnell auf Ende 2022 verschoben. Trotz immensen Einsatzes des Auditpersonals von UKAS (United Kingdom Accreditation Service, die britische Akkreditierungseinrichtung) war der ehemalige Termin scheinbar nicht haltbar. Kein Wunder! Offensichtlich sind die Behörden der Situation entsprechend personell nicht ausreichend aufgestellt. Mehr als arbeiten können sie nicht. Obwohl von 31 Zertifizierern unter der EU-Sportbootrichtlinie nur 4 (etwa 8%) die Akkreditierungstour durch das Vereinte Königreich gestartet haben, kam bis dahin nur einer davon ins Ziel.
Nun gibt es allerdings 27 Produktgruppen in der EU, die ein CE-Zeichen oder ein entsprechendes Äquivalent benötigen. Das Flaggschiff unter den Richtlinien ist die Maschinendirektive, die heute gleich mit 1358 Benannten Stellen einhergeht. Nimmt man sich die o.g. Interessenlage der Zertifizierer unter der Sportbootdirektive als Maßstab, so kämen allein hier 108 weitere Zertifizierer hinzu, die sich nach einer Anerkennung im Vereinten Königreich sehnen. Die anderen 25 Produktgruppen werden sicherlich dazu zusätzlich ihren Beitrag zum Ansturm auf UKAS leisten. Das ist einfach nicht zu schaffen!
In seiner Not gestattet das Vereinte Königreich nach erneutem Auswechseln des Führungspersonals kurz vor Toresschluß noch die Verwendung des CE-Zeichens nun bis Ende 2024. Das gibt Luft für die Industrie und für die Akkreditierer. Prima! Das ist aber zur gleichen Zeit ein Desaster für die Zertifizierer, die die UKAS-Akkreditierung anstreben oder bereits in der Tasche haben: Außer Spesen, nichts gewesen! Sehr viel Geld und Mühen für die Anerkennung wurden geleistet und nun wird den Zertifizierern zum zweitenen Male der Teppich unter den Füßen hinweggezogen. Wenn das man nicht zu handfestem Streit führen wird! Auswirkungen auf die zukünftigen Preise für eine UKCA-Zertifizierung ab Anfang 2025 wird das sicherlich haben.
Was wird nun Ende 2024 geschehen? Gibt es eine dritte Verlängerung der CE-Akzeptanz oder doch lieber ein Wiederaufnahmeantrag des Vereinten Königreichs in die EU? Die zweite Lösung würde das Leben einfacher und weniger kostspielig machen.